Nintendo Switch: Launch-Impressionen & Ersteindruck

Die Nintendo Switch ist da und in den Einkaufsmeilen zeigt sich ein skurriles Bild zwischen Enthusiasmus und Zurückhaltung. Erst der Besuch mehrerer Läden fügt die Puzzleteile zu einem stimmigen Ersteindruck zusammen.

  

Es ist 10:10 Uhr, in der Gamestop-Filiale Köln Hohe Str. versammelt sich eine kleine Reihe von Vorbestellern. Der Nerdfaktor ist hoch. Ein Kollege Mitte 30 quiekt entzückt in das Smartphone einer Freundin und zeichnet ein Video für seinen Youtube-Kanal auf. Gamestop kann nur Vorbesteller bedienen. Durch die Verknappung und die wenigen, aber auffälligen Early Adopter entsteht ein kleines Hype-Feeling, das sich aber irgendwie auch recht künstlich anfühlt.

 

Nebenan im Media Markt hat man ein kleines, pragmatisches Eckchen für die Switch eingerichtet. Neben den Wii U und 3DS Produkten ist noch kein Platz für Nintendos Jüngsten. Allerdings wurde die Ausstellfläche für die Wii U Top 10 Games schon mal vorausschauend mit "Switch" beschriftet. Etwa ein Dutzend Geräte sind ausgestellt. Ein Pärchen kommt abgehetzt vom Saturn am Neumarkt an. Dort hätte man keine Konsole mehr bekommmen. Andere haben es weniger eilig und witzeln im Vorbeigehen, ob man sich eine mitnehmen solle. Der Verkäufer empfiehlt die bunte Variante. Diese sei "besser". Aha - läuft wohl nicht so gut wie die graue Variante. Ein Argument reicht er immerhin nach: Man könne die Joycons besser auseinanderhalten. Klingt logisch. Nachdem ein paar Geräte überreicht wurden, stellt ein Kollege eine Handvoll neue dazu.

 

Derweil im Internet...

 

In einer deutschsprachigen Facebook-Gruppe zur Switch zeigt sich ein ähnliches Bild - die Abverkaufssituation ist nicht eindeutig. Während zahlreiche Amazon- und Gamestop Vorbesteller über eine Verspätung oder den Verweis auf die zweite Lieferwelle an Geräten erbost sind, posten andere Nutzer Fotos von randvoll gefüllten Elektromärkten. Offensichtlich verknappt Nintendo auf den Verkaufskanälen der Enthusiasten und stattet Casual-Märkte üppig aus.

 

Heisse Ware für mich allein

 

Meine Switch habe ich in einer Nacht- und Nebel-Aktion am Vorabend in einem anderen Markt ausgehändigt bekommen. Dienstag vorbestellt, Donnerstag abgeholt. Vor Ort gab man mir das Gefühl heiße Schmuggelware zu erwerben. Erst beriet man sich über die Herausgabe, da ich zwar eine Abholbestätigung hatte, eine vorzeitige Herausgabe jedoch nicht vorgesehen war. Als ich das Gerät bekam, wurde meine Abholnummer nicht geprüft. Ich war scheinbar der einzige Vorbesteller in dieser Filiale und man erkundigte sich lediglich ob der Name korrekt sei. Ich wurde anschließend subtil auf den direkten Ausgang hingewiesen.

 

 


Pragmatismus im Handel: Die PSP ist wieder auferstanden ;)
Pragmatismus im Handel: Die PSP ist wieder auferstanden ;)

Gelenkter Hype

 

Der Launch der Switch ist ein wunderbar anschauliches Beispiel wie stark die Wahrnehmung je nach persönlicher Filter-Bubble variieren kann. Der exzentrische Youtuber, der in einer kleinen, intimen Ladenatmosphäre seinen persönlichen Mega-Hype inszeniert, trägt zu einem Bild von Exklusivität bei. Der Kunde, der sich sein Gerät von einem schmucklos gestalteten Stapel im Elektromarkt abholt, sieht einen üppigen Bestand. Der Amazon-Vorbesteller bibbert, dass ihm das Schicksal wohlgesonnen sei. Nintendo fungiert dabei im Hintergrund als Puppenspieler und lenkt diese unterschiedlichen Wahrnehmungen mittels einer ausgetüftelten Verteilungsstrategie. Ein Seiltanz zwischen gefühlter Verknappung bei größtmöglicher Verfügbarkeit.

 

Ersteindruck: Minimalistisches Schmuckstück

 

Unabhängig von Hype und Marketing möchte ich noch kurz ein paar persönliche Eindrücke loswerden. Zunächst einmal ist die Switch wirklich erstaunlich klein. Man hat sie ja schon auf Videos und Bildern gesehen, aber in Natura wirkt das nochmal anders. Die Handhabung der Joycons ist super-easy, alles fühlt sich schick und wertig an. Die Nutzeroberfläche flutscht wie geschmiert und beherbergt nicht ein Element zuviel. Das Systemupdate war unterhalb einer Minute geladen und (!) installiert. Der Future-Racer Fast RMX ist trotz Edelgrafik nur knapp 900 MB groß. Das ganze System ist schnell, effizient und minimalistisch aufgebaut. Als Handheld liegt es sehr gut in den Händen. Nicht ganz so geschmeidig wie das Wii U Gamepad, aber für seinen eckigeren und schmaleren Formfaktor sehr angenehm. Das Digipad im Button-Format ist sicher Geschmackssache und die L / R Buttons sind nicht gerade haptische Highlights, aber unterm Strich kann ich mir längere Sessions damit gut vorstellen. Ganz anders die Joycons als zusammengestecktes Gamepad oder gar einzeln - ein einziger Krampf für Männerhände. Wer am TV zockt braucht das Pro-Pad. Da führt kein Weg dran vorbei. Der Sound ist übrigens den Umständen entsprechend in Ordnung. Gutes Stereopanorama, natürlich nur Höhen, aber keine allzu aggressiven Peaks im Frequenzspektrum. Das kann man sich notfalls auch ohne Kopfhörer antun.

 

Hardware und Nutzeroberfläche der Nintendo Switch sprechen unterm Strich eine universelle Sprache, die nicht nur auf Nintendo-Fans zugeschnitten ist. Ob Konsolen-Zocker, Mobile-Casual oder Gadget-Fan - das Ding kann man aus verschiedenen Perspektiven heraus cool finden. Verkaufszahlen irgendwo zwischen Wii und Wii U halte ich angesichts Produkt und Marktsituation über die Jahre hinweg für realistisch. Bleibt zu hoffen, dass Dritthersteller angesichts der guten Vorlage seitens Nintendo mutig genug sind früh auf den Zug aufzuspringen und das gelungene Gerät mit entsprechender Software versorgen.

 

Anschlüsse, Netzteile, Powerbanks

 

Bei all der Diskussion um Ladegeräte und Powerbanks sei zu guter Letzt noch erwähnt, dass ohnehin die wenigsten unter euch entsprechend ausgestattet sein werden: USB-C ist ein recht neuer Standard und wird gerne mit dem gängigen Micro-USB verwechselt. Das ist keine Schande - ist mir auch passiert. Entsprechende Adapter gibt es für 8 €. Ein Netzteil liegt natürlich schon bei, wird aber i.d.R. vom Dock belegt. Für das offizielle Zweitnetzteil verlangt Nintendo satte 29 €. Bei Powerbanks solltet ihr (neben dem nötigen USB-C Kabel oder Adapter) auf eine Ausgabe von 2,6A achten. Andernfalls ist derzeit nicht gesichert, dass eure Switch zuverlässig geladen werden kann.

 

 

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